Als ich heute am 3. Jänner 2017 die News überflog, durchzuckte mich eine Meldung: John Berger ist am 2. Jänner 90jährig verstorben. Ich stieß Ende der 80er oder Anfang der 90er Jahre auf John Bergers G., damals in der sehr günstigen Ausgabe von Reclam Leipzig. Damals, mitten im Ausklang des Analogen, fand ich noch Bücher in Buchhandlungen. Ich scannte die Regale der Buchhandlungen ab, und damals lebte ich in Innsbruck, also die Buchhandlung Parnass und was G. angeht die Wagnersche Buchhandlung. Bei G. glaube ich mich an die Lage des Regals (im Parterre, rechts neben dem Ausgang) zu erinnern. Die Bücher waren nach Verlagen geordnet, und das Reclam-Leipzig-Regal war klein und altweiß und günstig. Ich erstand es um 79 Schillinge und las es sieben Jahre nicht. Es war eine Zeit voller Wechsel und Umzüge (dreißig habe ich mal gezählt), und ich habe am Weg vieles verloren, vor allem auch Bücher, aber G. war eines der wenigen, die mir blieben. Ich las es Mitte der 90er in einem Zug. Über die Bedeutung von G. ist schon viel geschrieben worden, mich elektrisierte es, gab mir eine Ahnung von anderer Literatur, die sich nach den Lektüren von King, Flieder & Flagge, Sauerde und Am Weg zur Hochzeit noch verstärkte. Die Bedeutung John Bergers in der Kunsthistorik mit seinen Bildbetrachtungen im BBC, Ways of seeing (zu deutsch: Kunst des Sehens), wurde mir erst vor kurzen bewusst, auch die Aufregungen rund um das Preisgeld des Booker-Literaturpreises – eine der höchsten Auszeichnungen in Großbritannien, die Berger 1973 für G. Erhielt, und dessen Hälfte er an die Black Panther Bürgerrechtsbewegung weiter gab – erfuhr ich erst aus Wikipedia. John Berger sich einreiht in die Liste meiner Toten, die er in den Sätzen des ersten Kapitels Geburt in Flieder & Flagge anruft: Mögen mir meine Toten jetzt helfen.