Transmitter Argentinierstraße

Am Anfang war die Stille. Der erste Funken, dann Wellen, die durch Äther und Wände gehen, unaufhaltbar, wie ohne Grenzen. Zu jeder vollen Stunde der Gong. Es ist 0 Uhr. Walter Richard Langers Stimme kündigt die Jazznacht an. Aufgewachsen bin ich in einem kleinen Tiroler Dorf, aber Langers Stimme, die Musik ankündigt, die Fenster aufgehen ließ, das waren Lichtbalken in schwarzer Nacht. Eine Welt jenseits der Gebirge des Hump-Ta-Tas und des Bananen-K.s wird vorstellbar. Namen wie Duke Ellington, Benny Goodman, Dizzy Gillespie, Miles Davis, John Coltrane traten durch die beiden Ohren und Gehörgänge fast synchron ins Hirn. Dort für immer eingeätzt. Und diese verrückte Musik, die ich immer mehr liebe. Von Langers Tod im Radio gehört.

Ich war 30 Jahre alt, als ich das erste Mal durch die Argentinierstraße spazierte. Manchmal spricht mich Architektur an, wie dort. Das Ohr vor der verfugten Wand. Die Spannung, allein dadurch, wie es dasteht, unser Funkhaus. Seither ist das Radio dort verortet. Jeden Sonntag brodelt dort abends der Sumpf auf. Eines meines heimeligsten Gefühle. Ob und welche Effektgeräte wohl in der Argentinierstraße bei Ostermayer im Einsatz sind? Das Kunstradio anschließend auf der anderen Frequenz. Ein paar intergalaktische Reisen damit gemacht. Im Funkhaus steht ein Transmitter, für immer.

Häuser sind aus Ziegeln. Manche werden wieder zu Ziegeln. Es gibt solche und andere Ziegel. Das Funkhaus sollte nicht verkauft werden.


Dieser Textbaustein ist für die Funkhausanthologie.

Das Foto „Radiokulturhaus Wien 2015“ von Manfred Werner - Tsui
Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons - https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Radiokulturhaus_Wien_2015.jpg#/media/File:Radiokulturhaus_Wien_2015.jpg.


Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Funkhaus_Wien und die Petition Rettet das Funkhaus.

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Fotos und Bilder (c) Markus Lindner